Die richtige Entscheidung treffen: Gib einem Sinn dein Leben

Beate Kohlmeyer 15. Juni 2019

Tust du dich bei bedeutenden Fragen in deinem Leben auch so schwer, eine Entscheidung zu treffen und den Sinn hinter deinen Optionen zu erkennen? Ursprünglich wollte ich mich heute einem ganz anderen Thema widmen. Doch während der letzten Wochen habe ich wieder einmal mehr gespürt, wie aufwendig und fordernd es zuweilen sein kann, vor einer(existentiellen) Entscheidung zu stehen.

Wenn eine Entscheidung unmöglich scheint

Immer wieder fordern uns veränderte Umstände auf, unsere Lebensweise anzupassen. Bei mir ging es in diesem Fall um die weiteren Behandlungsschritte in meiner Krebstherapie.

Alle Optionen, die zur Verfügung standen, vermittelten mir das Gefühl, ich könne nur zwischen sehr unangenehmen Möglichkeiten wählen,

die unter Umständen mit sehr üblen Konsequenzen verbunden sind.

In einem solchen Fall, wenn nämlich keine Alternative deutlich mehr Vorteile hat als die andere, finden in unserem Kopf unendliche Diskussionsrunden statt.

Es gestaltet sich äußerst schwierig, das letzte Wort in dieser Diskussion zu sprechen und eine Entscheidung zu treffen, die Ruhe und Gleichmut einkehren lässt. 

Wenn es keine offensichtlich beste Wahl gibt, tauchen automatisch Ängste auf, wir könnten mit unserer getroffenen Wahl Übles beschließen.  

Die Entscheidung müssen wir jetzt treffen, deren Konsequenzen werden wir aber erst in der Zukunft zu spüren bekommen.

Die Suche nach der richtigen Entscheidung

Während der letzten Wochen hatte ich das Gefühl, ein Gutteil meiner geistigen Kapazitäten fließt in eben diesen Entscheidungsprozess.

Für anderes Vergnüglicheres blieb dagegen nicht mehr viel Raum und Vitalität.

Aus diesem Grund suchte ich nach Hilfsmitteln und Werkzeugen, die mir diesen Weg erleichtern könnten, um Klarheit ins Dunkle, in die Ambivalenz zu bringen. 

So kramte ich in meinem Kopf nach all den Hinweisen, die ich auch meinen Klienten bei schwierigen Entscheidungen geben würde. 

Schließlich haben sich Forscher in unzähligen Studien damit befasst, wie wir Menschen zu einer guten Wahl kommen können.

Methoden zur Entscheidungsfindung, die mir in den Sinn kamen:


Zehn Minuten, zehn Monate, zehn Jahre in diesem 10-10-10 Modell von der US amerikanischen Autorin Suzy Welch spielt die 10 eine entscheidende Rolle.

Unentschlossene werden eingeladen, sich folgende Frage zu stellen:

Wie werde ich über meine Entscheidung– in 10 Minuten– nach 10 Monaten– und nach 10 Jahren denken????


Testfahrt durch die Alternativen

Bei dieser Methode lädt uns der Theologe Lukas Niederberger ein, mit allen Möglichkeiten „schwanger zu gehen“. 

Dabei führen wir uns alle Optionen nacheinander genau vor Augen und tun so, als hätten wir uns bereits für eine Option entschieden. 

Dabei gilt es, genau zu beobachten, was wir dazu fühlen. Jeder Option räumen wir drei Beobachtungstage ein.

 Des Weiteren sind wir eingeladen, uns vorzustellen, wie wir in einigen Jahren zu dieser Entscheidung stehen würden.


Befriedigende statt optimaler Lösung

Von dem amerikanischen Wissenschaftler Herbert Simon stammt das Kunstwort „Satisficing“. Dieser Begriff setzt sich aus „satisfying“ (befriedigend) und „suffice“ (genügend) zusammen.

Ganz in diesem Sinne bemerkt Charles deGaulle: „Es ist besser, unvollkommene Entscheidungen durchzuführen, als beständig nach vollkommenen zu suchen, die es nie gibt.“


6-Hüte-Methode nach Edward de Bono

Diese Methode basiert auf sechs sogenannten Denkhüten in verschiedenen Farben, die ebenso verschiedene Denkrichtungen repräsentieren:

– Weiß steht für Objektivität und Neutralität.– Rot stellt das subjektive Empfinden, die persönliche Meinung dar.– Schwarz drückt das kritische, zweifelnde Denken aus.– Gelb steht für die positive, optimistische Betrachtungsweise.– Grün soll neue Aspekte und Alternativen in Betracht ziehen.– Blau verbindet die ersten fünf „Hüte“ miteinander, fasst also zusammen.Wir haben hier also die Möglichkeit, positive und negative Aspekte, kreative Lösungen, Bauchgefühl und Fakten aus der Metaebene unter die Lupe zunehmen und zusammenfassend eine Entscheidung zu treffen.



Auch Pro/Contra-Listen und eine Entscheidungsmap kamen mir als unterstützende Hilfsmittel in den Sinn. 

Aber solch eine kritisch-analytische Herangehensweise hat mir bei dieser einen schwersten Entscheidung, in der es um Leben oder Tod gehen kann, nicht wirklich nachhaltig helfen können.

Logik – ist im Leben nicht immer die beste Wahl

Am Ende meiner Suche stellte ich ziemlich erschöpft fest: 

Mit Logik war der Frage nach der bestmöglichen Entscheidung in diesem Fall nicht beizukommen. 

In mir blieb trotz aller Bemühungen so etwas wie eine kognitive Dissonanz.

Scheinbar unvereinbare Wahrnehmungen ließen mich weiter im Entscheidungsdilemma stecken.

Mein Kopf rauchte ganz ordentlich und überlegte und suchte…

Ich versuchte, mir selbst gut zuzusprechen, indem ich mich erinnerte, dass es keinen allgemeingültig richtigen Weg gibt. 

Nur einen, der für mich richtig ist. Aber eben den fand ich lange nicht.

 Das schöne Bonmot „Machen Sie doch, was sie wollen – aber wirklich!“erinnerte mich auch nur daran, dass ich einfach keine Richtung mit vollkommenerÜberzeugung einschlagen konnte.

Welche Entscheidung macht am meisten Sinn?

Es gibt Umstände im Leben da lässt sich die Existenz nicht über die Ratio besinnhaften.

Als mir das klar wurde, öffnete sich mir ein neuer Raum und ich bekam Hinweise ganz anderer Art.

 Genau an dieser Stelle, als der Kontrollverlust über mein eigenes Leben mir fast auch die Quelle zum Sinn versperrte, kamen in mir bestimmte Bilder und Worte hoch. Sie erleichterten mich, weil sie eine ganz neue Perspektive darboten.

„Gib einem Sinn dein Leben“ sah ich da vor meinem inneren Auge.

Diese Lettern hinterließen ganz neue Ein- und Abdrücke auf meiner Seele. Sie gaben meinem Bewältigungsprozess eine neue Richtung, die Hoffnung macht und Sinn bringt. 

Ich hatte plötzlich das Gefühl, ich gehe nicht auf die Suche nach Antwort und Sinn. 

Sondern diese fünf Worte lassen mich die Antwort finden. 

Selbst wenn mein Kräftehaushalt im Augenblick keine großen Taten erlaubt, so kann ich doch die Zügel packen und neue Sichtweisen generieren.

Ich kann dem Geschehen meine ganz persönliche Sinn-Dimension verleihen.

Nicht dein Leben schuldet dir einen Sinn, sondern du ihm 

Nachdem mein Kopf nun alle Argumente ausreichend durchdacht hat, nehme ich die Zügel in die Hand. Ich handle und binde das Geschehen in ganz neue Bilder und Überzeugungen ein.


 ch erinnere mich daran, dass ich die Macht habe, allem, was mir widerfährt, eine sinngebende Bedeutung einzuhauchen. Entschieden treffe ich meine Wahl. 

Meine Seele hat mein Körperkleid angezogen, um dort die Erfahrungen zu machen, die ich gerade  durchlebe. 

Ich entscheide mich, dies anzunehmen und zu akzeptieren. Diese Vorstellung beruhigt mich und schenkt mir Vertrauen.

Gib einem Sinn dein Leben. Dann bleibt das Leben dir keinen Sinn schuldig, weil du ihm Sinn schenkst!

Und so will ich schließen mit Marc Aurel:

„Akzeptiere, was dir widerfährt und zugemessen ist, denn was könnte angemessener sein, um deine Seele lernen zu lassen.“

Deine Beate

Heilpraktikerin für Psychotherapie