Die Seele – Kompass  unseres  Lebens

Beate Kohlmeyer|Allgemein|19. Januar 2019

Als ich am 2. Januar den Tagesimpuls von Veit Lindau im humantrust öffnete, las ich folgenden Satz:

„Ich wünsche mir zutiefst ein Jahr, in dem ich mich noch vollständiger meiner Seele hingebe.“

Ich bin  schon viele Jahre Mitglied in dieser so wunderbar inspirierenden Coaching Community und immer wieder  passiert es, dass solch ein Impuls mich noch lange begleitet,  immer wieder anklopft, mich befruchtet und befeuert. Womit ich auch schon mitten im Thema bin.

Etwas ganz tief in mir, ich nenne es hier ruhig auch Seele, spürte sofort – genau das ist auch meine Sehnsucht. Genau dort wird sie gestillt werden können. In meinem Inneren liegen die Antworten und warten darauf, von mir entdeckt zu werden. 

Nun haben wir aber hier in der westlichen Welt allesamt gelernt, dem Äußeren, der beweisbaren Materie mehr Bedeutung  zu geben als dem Unsichtbaren. Obwohl  sicher viele von uns ahnen, dass die Geburt des Äußeren im unsichtbaren Inneren stattfindet – vornehmlich durch unsere Gedanken und Gefühle.

Weil ich nun aber auch hier in der westlichen Welt aufwuchs und konditioniert wurde, wollte natürlich und naturgemäß auch mein Kopf zu Wort kommen:

„Sich der Seele hingeben – was ist damit überhaupt gemeint? Und wie in Gottes Namen geht das? Und wer oder was ist überhaupt damit gemeint, wenn wir über die Seele sprechen?“

Ich erinnerte mich an ein Radiointerview, in dem ich vor einigen Jahren einmal gefragt wurde, was die Seele überhaupt sei. Ich, die sich als Heilpraktikerin für Psychotherapie tagein tagaus mit der Pflege der Seele beschäftigt, sollte doch eigentlich prägnant und wenig zögerlich sagen können, was es mit der Seele auf sich hat. Heute amüsiert, damals noch etwas beschämt, stellte ich fest, dass es gar nicht so einfach ist, sie in wenigen Worten zu beschreiben, ist sie doch ein scheues Wesen ohne Form und Gestalt.

Ihre Transparenz und Ungreifbarkeit machen es uns nicht leicht, sie zu erfassen. Und da, wo wir sie zu fassen  versuchen, ist sie womöglich gar nicht zu finden. Alle Konstrukte zur Seele, ob wissenschaftlich oder spirituell, haben bis zum heutigen Tag nicht verhindern können, dass sie voll von unerforschtem Leben ist und ihre Geheimnisse hat.

Die Seele – ein Oktopus oder ein Tropfen aus dem Wesen Gottes?

Vielerlei konkurrierende Auffassungen  haben schon versucht, sie zu beschreiben, sie einzufangen, sie  sicht- und verstehbar zu machen:

Die Stoiker in der Antike waren der Annahme, die Seele schlinge sich wie ein Oktopus durch den Körper des Menschen, Neurobiologen unserer Tage verorten sie im limbischen System und glauben, die Feinmechanik unserer Seele unter dem Rasterelektonenmikroskop mit hunderttausendfacher Vergrößerung sichtbar machbar zu können.

In der Psychologie bezeichnet sie alles, was wir empfinden, das gesamte Sammelsurium von Wahrnehmungen, Gedanken und Vorstellungen. Und im religiösen Sinne ist die Seele der unsterbliche Teil eines Menschen.

Spirituelle Menschen wie Shradda Liertz  glauben, die Seele sei ein Tropfen aus dem Wesen Gottes. In Shraddha Liertz’ Philosophie hat die Seele keinen Ort.

“Es macht keinen Sinn, die Seele verorten zu wollen. Der Körper hat mit der Seele nichts zu tun, er ist ein Instrument der Seele auf Erden. Aber der Körper bezieht Kraft aus ihr.”

Auch wenn die Seele aufgrund ihrer Unfassbarkeit keine präzise Beschreibung  zulässt, so glauben doch die meisten Menschen, dass geboren zu werden, auch bedeutet, eine Seele zu haben.

Naturwissenschaftler allerdings möchten häufig ohne sie auskommen. Sie sind stark identifiziert mit dem analytischen Denken und suchen nach den evidenzbasierten Antworten. Für jede Grundannahme wird nach augenscheinlichen Beweisen gefahndet, aber es gibt auch in ihren Reihen Stimmen wie die vom Physiker und Nobelpreisträger Werner Heisenberg:

„Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch, auf dem Grund des Bechers jedoch wartet Gott:

Und so scheint es darum zu gehen, alles zu leben – wie Rainer Maria Rilke sagen würde:

„Man muss Geduld haben
mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher,
die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.“ 

Und das, so finde ich, ist das Wundervolle an diesen Inspirationen im humantrust. Jeder Impuls wirft Gedanken, Gefühle und Fragen auf und hilft mir dabei, allmählich in meine Antworten hineinzuleben.

Für mich bedeutet die Hinwendung zur Seele ein Lauschen in mich hinein…  

Ein Öffnen der verschlossenen Stuben und geheimen Kammern. Ein Gewahrwerden aller Anteile, die mich bewohnen. Es geht darum, mich mit mir selbst vertraut zu machen, mir auf der Reise des Lebens immer näher zu kommen, indem ich mich für meine innere Stimme öffnen lerne.

Diese Stimme, ich nenne sie Seelenflüstern, ist mein treuester Begleiter durch den Dschungel des Lebens. Das Interesse an meiner Innerlichkeit oder meinem Seelengrund ist für mich die Eintrittskarte zur Magie des Lebens.  Ich will sie nicht opfern auf dem Altar der Rationalität, sondern mir die Möglichkeit schaffen, auf dem „Grund des Bechers” Gott  zu finden und mich in ihm und dir.

„Nie die Stimme Gottes und seiner  Engel gehört zu haben, ist in dieser Welt ein Zeichen von Gesundheit” , habe  ich  mal gelesen.

In meiner Welt sieht das anders aus.

Sich der Seele hinzugeben, scheint mir unumgänglich, um zu gesunden.

So sagte es auch schon Hildegard von Bingen:

„Wir müssen auf unsere Seele hören,
wenn wir gesund werden wollen.
Letztlich sind wir hier, weil es kein Entrinnen vor uns selbst gibt.
Solange der Mensch sich nicht selbs
tin den Augen und im Herzen seiner Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht.
Solange er nicht zulässt, dass seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben, gibt es keine Geborgenheit.
Solange er sich fürchtet durchschaut zu werden, kann er weder sich
selbst noch andere erkennen,
er wird allein sein.
Alles ist mit Allem verbunden.“ 

Mit diesen  abschließenden Worten schicke ich euch verbundene Grüße und wünsche euch eine beseelte, reiche Zeit!

Alles Liebe,

eure Beate