Können Menschen sich verändern?

Beate Kohlmeyer allgemein Oktober 2017

„Können Menschen sich verändern?“

Keine Frage bewegt mich so stark wie diese. Sie weckt den Forschergeist in mir. Sie lädt mich ein, es wissen zu wollen, erfahren zu wollen, was möglich ist. 

Dieser Frage folge ich, um allmählich in die bestmöglichen  Antworten hineinzuleben. Was ich bis zum heutigen Tag herausgefunden habe, möchte ich hier mit dir teilen:

Bin ich in Stein gemeißelt?

Lange glaubte ich, meine Identität sei fest umrissen, hätte unumstößliche Konturen, sei in Stein gemeißelt. Mir war nicht bewusst, dass ich gespeist war mit Botschaften, Haltungen und Verhaltensweisen, die ich von meinen Eltern und anderen Bezugspersonen übernommen hatte. Ein erworbenes Wert-und Normsystem, Überzeugungen anderer, die in meinen frühen Jahren in mich geflossen sind. So früh, dass ich mich nicht erinnern konnte. So früh, dass ich glaubte, es seien meine eigenen Überzeugungen. Wahrscheinlich wäre es mir gar nicht aufgefallen, wenn nicht Hindernisse und kritische Lebensereignisse mir den Anstoß gegeben hätten, über mich in der Welt nachzudenken.

Warum auch – wenn alles glatt läuft?

Denn wir dürfen natürlich so bleiben, wie wir sind – müssen aber nicht.

Warum auch , wenn es schmerzt und eng wird?

Genau da beginnt Veränderung. 

Mit dem Wunsch nach Veränderung. 

Mit dem genauen, ungeschönten Blick nach innen. 

Mit einer Bestandsaufnahme. 

So war es jedenfalls für mich. Es sind nämlich genau diese  unerwünschten  Gefühle, die uns ein verlässlicher Indikator sind, dass  unsere  aktuellen  Gedanken, Gefühle und Handlungsweisen uns nicht zuträglich sind.

Das Licht der rabenschwarzen Tage

In diesem Sinne sind rabenschwarze Tage womöglich dazu da, unsere Glaubenssätze zu überprüfen und uns unsere eigenen Interpretations- und Denkmuster bewusst zu machen.

• Wer glaube ich zu sein?

• Was glaube ich zu sein?

• Welches Bild wirkt in mir?

Deshalb lausche ich den Antworten, die kommen, in dem Bewusstsein, 

dass es keine feststehende Wahrheit gibt, 

nichts objektiv zu Erkennendes existiert.,

unsere Gefühle  weitgehend von unseren inneren Vorstellungen abhängen.

wir sind, was wir sind, weil wir glauben es zu sein.

Ich nutze diese  Zeit der Inventur also, um weise zu entscheiden, woran ich glauben möchte. Diese Art der Selbsterforschung   ist eine unerlässliche  Voraussetzung auf dem Weg der Veränderung, weil jede bildhafte Vorstellung in uns eine Tendenz hat, sich selbst zu verwirklichen.

Negative Vorstellungen lähmen die Tat.

Positive Vorstellungen sind eine vorwärtstreibende Kraft.

Ergo ist es unumgänglich auf dem Pfad der Veränderung eine  bewusste Wahl  zu treffen, um eine neue, herrliche  Zukunftsvision zu kreieren.

Du kannst es lenken: 

Wer will ich sein?

Und vor allem stelle ich  mir vor, wer ich zukünftig sein werde und belebe diese Vorstellungen mit allen Sinnen. 

Die Harvard Professorin Ellen Langner hat in einer Studie herausgefunden, dass allein so zu tun als sei ich glücklicher, schon glücklicher macht.

Durch diese spielerische Erfahrung, indem ich mich also verhalte, als sei ich ein bestimmter Persönlichkeitstyp, werde ich dieser Typ.

 Glaubst du nicht? Probier es aus!

Unsere Persönlichkeit ist nicht fest umrissen,  viel mehr können wir unsere ganz persönliche Expedition in unbekannte Dimensionen unseres Charakters immer weiter fortsetzten und ein Leben lang an unserer Innenarchitektur schrauben, feilen, gestalten. Neueste Studien bestätigen, wir können uns während des gesamten Lebens verändern, das Gehirn ist bis ins hohe Alter umbaufähig. Das Potential zur Veränderung ist sowohl kognitiv als auch emotional immens. So wir die Überzeugung pflegen, unser Schicksal selbst in der Hand zu haben.

Warum dann also fällt es uns oft so schwer, nachhaltige Veränderungen herbeizuführen?

Es  liegt nicht allein an der Tatsache, zu glauben, andere unbeeinflussbare Mächte wie Gott, das Schicksal oder unsere Mitmenschen seien verantwortlich für unser So-Sein. Es liegt sicher im hohen Maße  an den Trampelpfaden im Gehirn, die durch ständige immer selbe Benutzung ausgetreten sind. Unser Hirn geht gerne ausgetretene Pfade, weil es Automatismen liebt. Drum benötigen wir eine gute Strategie, die nicht zu viel auf einmal will, um mit viel Willensstärke  und  kleinen, ständigen Wiederholungen neue Pfade zu etablieren.

Die Geburt einer neuen Gewohnheit

Eine Studie des Londoner University College hat herausgefunden, dass die Geburt einer neuen Gewohnheit im Schnitt 66 Tage dauert. Da mit jedem Tag  das mächtige Gefühl der Selbstwirksamkeit wächst, wird es zunehmend leichter, bei der neuen Gewohnheit zu bleiben. In meiner Praxis arbeite ich gerne unterstützend mit Autosuggestionen und Imaginationen – sind sie doch die schönste, einfachste Weise, unsere Psyche selbstinduziert zu beeinflussen:

Werde, der du bist – in deiner Zeit.

Jeder Baum braucht viele Jahre bis er so verankert ist, dass er starke Äste ausbildet und sich ausbreitet. Es braucht Zeit, bis er erstmalig erblüht, gar Früchte trägt und so stark ist, auch dem stärksten Sturm zu trotzen. Dieses Bild ist mir hilfreiche Stütze und Erinnerung, geduldig mit mir zu sein und darauf zu vertrauen, dass alles in genau der richtigen Zeit zu mir kommen wird. Auf diese Weise habe ich die zweite Lebenshälfte genutzt, vieles von dem zu verlernen, was ich in der ersten gelernt habe und so , nach und nach, eine selbstwertdienliche, selbstfürsorgliche Beziehung zu mir aufgebaut.Dafür gibt es keine Kippschalter. Das geht nicht allein durch die pure Absicht, aber es geht-wenn wir uns auf den Weg machen !


Ich gehe also die Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich falle hinein.

Ich bin verloren … 

Ich bin ohne Hoffnung.

Es ist nicht meine Schuld.

Es dauert endlos, wieder herauszukommen.


Ich gehe dieselbe Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich tue so als sähe ich es nicht.Ich falle wieder hinein.

Ich kann nicht glauben, schon wieder am selben Ort zu sein.

Aber es ist nicht meine Schuld.

Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.


Ich gehe dieselbe Straße entlang.

Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich sehe es.Ich falle immer noch hinein … – aus Gewohnheit.

Meine Augen sind offen, ich weiß, wo ich bin.

Es ist meine eigene Schuld.Ich komme sofort heraus.


Ich gehe dieselbe Straße entlang.Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.

Ich gehe darum herum.

Ich gehe eine andere Straße.


Mögen diese anschaulichen  Worte aus dem Tibetischen Buch vom Leben und Sterben uns Erinnerung und Einladung sein, neue Straßen zu erkunden,um ganz neue Pfade im Gehirn zu etablieren!

Vom Herzen,

deine  Beate Kohlmeyer